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Die sechs größten Claim-Risiken im Bauwesen und warum viele Projekte bereits in frühen Phasen scheitern

  • Autorenbild: Bernhard Metzger
    Bernhard Metzger
  • vor 1 Tag
  • 8 Min. Lesezeit

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Systematische Ursachen, wirtschaftliche Folgen und professionelle Steuerungsansätze für Bauunternehmen, Projektentwickler und Auftraggeber


Claim-Risiken zählen heute zu den zentralen wirtschaftlichen Gefährdungen im Bauwesen. Sie betreffen nicht nur einzelne Projekte, sondern zunehmend ganze Unternehmensstrukturen. Kostenüberschreitungen, Terminverzögerungen, Liquiditätsengpässe und eskalierende Rechtsstreitigkeiten sind in vielen Fällen keine zufälligen Einzelereignisse, sondern das Ergebnis systematischer Defizite in der Projektorganisation, der Vertragsgestaltung und der Ablaufsteuerung.


Auffällig ist, dass die Ursachen für Claim-Risiken in der Praxis selten erst in der Bauausführung entstehen. Vielmehr werden sie häufig bereits in der Projektentwicklung, in der Planung, in der Ausschreibung und in der Vertragsgestaltung angelegt. Ihre wirtschaftliche Wirkung entfaltet sich jedoch zeitverzögert auf der Baustelle. Zu diesem Zeitpunkt sind Korrekturen meist nur noch mit erheblichem finanziellen Aufwand oder gar nicht mehr möglich.


Trotz moderner Projektmanagementmethoden, standardisierter Vertragsmodelle und fortschreitender Digitalisierung nimmt die Anzahl konfliktbelasteter Bauprojekte weiter zu. Der Grund dafür liegt weniger in technischen Mängeln als vielmehr in unklaren Leistungsabgrenzungen, mangelhafter Dokumentation, inkonsistenter Planung, unkontrollierten Leistungsänderungen, fehlenden Vorleistungen und gestörten Bauabläufen. Diese Faktoren bilden in ihrer Gesamtheit die zentralen Treiber von Claim-Risiken im Bauwesen.


Für Auftraggeber, Planer, Projektsteuerer und Bauunternehmen ergeben sich daraus erhebliche wirtschaftliche Herausforderungen. Claim-Risiken beeinflussen nicht nur die Projektwirtschaftlichkeit, sondern auch die Unternehmensprofitabilität, die Liquiditätsplanung und die langfristige Marktpositionierung. Ein professioneller Umgang mit diesen Risiken ist daher keine optionale Zusatzdisziplin, sondern eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit.


Dieser Beitrag verfolgt das Ziel, die sechs größten Claim-Risiken im Bauwesen systematisch einzuordnen, fachlich präzise zu definieren und in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen transparent darzustellen. Auf dieser Grundlage werden die zentralen Steuerungshebel aufgezeigt, mit denen Unternehmen diese Risiken frühzeitig erkennen, wirksam begrenzen und nachhaltig beherrschen können.

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Bildquelle: BuiltSmart Hub - www.built-smart-hub.com



Inhaltsverzeichnis


  1. Grundlagen der Claim-Risiken im Bauwesen

  2. Unklare Leistungsbegrenzung als strukturelles Kernrisiko

  3. Unzureichende Dokumentation als wirtschaftliche Schwachstelle

  4. Widersprüche zwischen Planung und Leistungsverzeichnis

  5. Änderungen der Bauleistung als permanenter Konfliktauslöser

  6. Fehlende Vorleistungen als unterschätztes Kostenrisiko

  7. Ablaufstörungen als wirtschaftlicher Verstärker

  8. Fazit und strategische Handlungsempfehlungen



1. Grundlagen der Claim-Risiken im Bauwesen


Claim-Risiken beschreiben alle wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken, die aus Vergütungsansprüchen, Bauzeitansprüchen, Leistungsänderungen und Vertragsauslegungen entstehen. Sie betreffen Auftraggeber, Planer, Projektsteuerer und Bauunternehmen gleichermaßen.


In der Praxis manifestieren sich Claim-Risiken als Nachtragsforderungen, Bauzeitverlängerungen, Stillstandskosten, Produktivitätsverluste sowie als Schadensersatzforderungen. Besonders kritisch ist, dass Claim-Risiken nicht isoliert auftreten. Sie verstärken sich gegenseitig, wenn mehrere Defizite gleichzeitig vorliegen.


Claim-Risiken entstehen vor allem durch unzureichend definierte Leistungen, mangelhafte Koordination, fehlende Dokumentation und gestörte Bauabläufe. Eine nachhaltige Beherrschung dieser Risiken erfordert daher ein integriertes Zusammenspiel aus Vertragsklarheit, technischer Planungssicherheit, organisatorischer Steuerung und wirtschaftlicher Kontrolle.


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Claim-Risiken sind systemische Projektrisiken mit direkter Wirkung auf Kosten, Termine und Unternehmensliquidität. Ihre Ursachen liegen überwiegend in frühen Projektphasen.


2. Unklare Leistungsbegrenzung als strukturelles Kernrisiko


Die unklare Leistungsbegrenzung gehört zu den häufigsten Auslösern von Claim-Risiken. Sie entsteht, wenn der Umfang der geschuldeten Leistung nicht eindeutig beschrieben, nicht vollständig abgegrenzt oder nicht widerspruchsfrei geregelt ist.


Typische Ursachen sind unpräzise Leistungsbeschreibungen, fehlende Schnittstellendefinitionen, nicht geregelte Nebenleistungen sowie unklare Verantwortungszuweisungen. In der Praxis führt dies regelmäßig dazu, dass Auftragnehmer Leistungen ausführen, die sie als zusätzliche Leistungen bewerten, während Auftraggeber diese als vertraglich geschuldet ansehen.


Die wirtschaftlichen Folgen sind Nachtragsforderungen, Verzögerungen durch Klärungsprozesse, Produktivitätsverluste und juristische Auseinandersetzungen. Besonders problematisch ist, dass unklare Leistungsgrenzen auch die Kalkulationssicherheit massiv beeinträchtigen.


Eine wirksame Prävention setzt eine vollständige, eindeutige und widerspruchsfreie Leistungsbeschreibung voraus. Zusätzlich müssen Schnittstellen zwischen den Gewerken klar geregelt und Mitwirkungsleistungen eindeutig zugeordnet werden.


Unklare Leistungsbegrenzungen führen systematisch zu Nachtragsrisiken, Terminverlusten und Vergütungsstreitigkeiten. Sie sind eine der häufigsten Ursachen für wirtschaftliche Projektverluste.


3. Unzureichende Dokumentation als wirtschaftliche Schwachstelle


Die Dokumentation ist das zentrale Beweisinstrument im Claim-Management. Unzureichende Dokumentation führt dazu, dass berechtigte Ansprüche nicht durchgesetzt werden können und unberechtigte Forderungen nicht wirksam abgewehrt werden.


Typische Defizite betreffen Bautagebücher, Behinderungsanzeigen, Nachtragsunterlagen, Aufmaßnachweise sowie Besprechungsprotokolle. Ohne eine lückenlose Dokumentation lassen sich Störungen, Leistungsänderungen und Mehrkostenursachen nicht mehr eindeutig zuordnen.


Die wirtschaftlichen Folgen sind gravierend. Unternehmen verlieren Vergütungsansprüche, tragen nicht durchsetzbare Mehrkosten und geraten in langwierige Beweislastkonflikte. Besonders kritisch ist, dass Dokumentationsmängel oft erst im Streitfall sichtbar werden, wenn eine Rekonstruktion nicht mehr möglich ist.


Tabelle 1: Typische Dokumentationsdefizite und wirtschaftliche Folgen

Dokumentationsbereich

Typisches Defizit

Wirtschaftliche Folge

Bautagebuch

Unvollständig

Verlust von Zeitansprüchen

Behinderungsanzeigen

Nicht fristgerecht

Kein Bauzeitanspruch

Nachtragsunterlagen

Fehlende Kalkulation

Vergütungskürzungen

Protokolle

Unklare Beschlüsse

Streit über Vereinbarungen

Ohne lückenlose Dokumentation ist professionelles Claim-Management nicht möglich. Dokumentationsmängel führen unmittelbar zu wirtschaftlichen Verlusten.


4. Widersprüche zwischen Planung und Leistungsverzeichnis


Widersprüche zwischen technischer Planung und Leistungsverzeichnis zählen zu den konfliktträchtigsten Ursachen von Claim-Risiken. Sobald Mengen, Qualitäten oder Ausführungsdetails voneinander abweichen, entstehen zwangsläufig Vergütungs- und Ausführungsstreitigkeiten.


Ursachen sind häufig unzureichend koordinierte Planungsstände, Zeitdruck in der Ausschreibung, nicht abgestimmte Fachplanungen sowie nachträgliche Plananpassungen ohne LV-Aktualisierung.


Für die Bauunternehmen entsteht daraus eine erhebliche Kalkulationsunsicherheit, während Auftraggeber mit Kostensteigerungen und Terminverschiebungen konfrontiert werden. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind Nachträge, Massenmehrungen, verlängerte Bauzeiten und gestörte Abläufe.


Eine wirksame Prävention erfordert eine konsistente Planungskoordination, eine systematische LV-Plausibilisierung sowie eine verbindliche Planstanddefinition bei der Ausschreibung.


Widersprüche zwischen Planung und Leistungsverzeichnis führen nahezu zwangsläufig zu Nachträgen, Kostensteigerungen und Terminverlusten.


5. Änderungen der Bauleistung als permanenter Konfliktauslöser


Leistungsänderungen sind in nahezu jedem Bauprojekt unvermeidbar. Sie entstehen durch Nutzerwünsche, behördliche Auflagen, technische Optimierungen oder geänderte Marktbedingungen. Jede Leistungsänderung erzeugt jedoch unmittelbar neue Claim-Risiken.


Problematisch wird es, wenn Leistungsänderungen informell angeordnet, nicht kalkulatorisch bewertet oder nicht terminlich eingeordnet werden. In diesen Fällen entstehen unklare Vergütungsansprüche, Ablaufstörungen und eskalierende Nachtragskonflikte.


Wirtschaftlich führen nicht gesteuerte Leistungsänderungen zu kumulativen Kostensteigerungen, Produktivitätsverlusten und Terminüberschreitungen. Besonders kritisch sind Änderungen, die während laufender Taktfolgen erfolgen.


Ein professioneller Umgang erfordert einen standardisierten Änderungsprozess, der jede Änderung technisch beschreibt, wirtschaftlich bewertet und terminlich einordnet.


Leistungsänderungen sind unvermeidbar. Ohne strukturiertes Änderungsmanagement führen sie jedoch zwangsläufig zu Kosten- und Terminexplosionen.


6. Fehlende Vorleistungen als unterschätztes Kostenrisiko


Fehlende Vorleistungen gehören zu den meist unterschätzten Claim-Risikotreibern. Sie entstehen, wenn vorgelagerte Leistungen nicht rechtzeitig oder nicht vollständig bereitgestellt werden.


Typische Beispiele sind nicht abgeschlossene Rohbauleistungen, fehlende Genehmigungen, nicht freigegebene Werkplanungen oder unzureichende Baustellenvorbereitung. Für die nachfolgenden Gewerke entstehen Stillstände, Umorganisationen und erhebliche Produktivitätsverluste.


Die wirtschaftlichen Folgen sind Stillstandskosten, Mehrkosten für Personal und Geräte, Bauzeitverlängerungen sowie eine Kettenreaktion über mehrere Gewerke hinweg.


Eine wirksame Risikominimierung erfordert eine verbindliche Vorleistungskoordination, eine terminlich integrierte Gewerkeplanung sowie eine frühzeitige Engpasssteuerung.


Fehlende Vorleistungen verursachen Stillstände, Mehrkosten und terminliche Kettenreaktionen im gesamten Projektablauf.


7. Ablaufstörungen als wirtschaftlicher Verstärker


Ablaufstörungen sind der sichtbarste Ausdruck eskalierender Claim-Risiken. Sie entstehen durch Behinderungen, Umplanungen, Ressourcenengpässe, logistische Störungen und mangelnde Koordination.


Jede Ablaufstörung verschlechtert die Produktivität, verlängert die Bauzeit und erhöht die Kostenbelastung. Besonders kritisch sind kumulative Störungen, die in ihrer Summe massive wirtschaftliche Schäden verursachen.


Tabelle 2: Typische Ablaufstörungen und wirtschaftliche Auswirkungen

Störungstyp

Ursache

Wirtschaftliche Folge

Behinderungen

Fehlende Vorleistungen

Stillstandskosten

Gewerkeüberlagerung

Fehlende Taktung

Produktivitätsverluste

Umplanungen

Späte Änderungen

Terminüberschreitungen

Ablaufstörungen verstärken nahezu alle Claim-Risiken. Sie führen zu Produktivitätsverlusten, Mehrkosten und Terminüberschreitungen.


Vertiefung und praxisnahe Werkzeuge für professionelles Risikomanagement


Die dargestellten Claim-Risiken zeigen, dass professionelles Risikomanagement im

Bauwesen kein theoretisches Konstrukt ist, sondern eine operative Führungsaufgabe. Für die strukturierte Umsetzung in der Praxis stehen ergänzende Werkzeuge und vertiefende Strategien

zur Verfügung.


Das Smart Risk Toolkit der Smart Knowledge Library bietet praxiserprobte Methoden, Prozesse

und Best Practices zur systematischen Identifikation, Bewertung und Steuerung von Risiken in Bauprojekten.


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Eine strategische Gesamtbetrachtung liefert zudem das Fachbuch

Smart Risk - Strategisches Risikomanagement im Bauwesen.

Es ordnet Claim-Risiken, Projektunsicherheiten und wirtschaftliche Steuerungsmechanismen ganzheitlich ein. Das Buch ist als Hardcover, Softcover und E-Book erhältlich.



8. Fazit und strategische Handlungsempfehlungen


Die sechs größten Claim-Risiken zeigen deutlich, dass wirtschaftlicher Projekterfolg im Bauwesen heute nicht allein von technischer Qualität bestimmt wird. Entscheidend sind vor allem Vertragsklarheit, Dokumentationsqualität, Planungskoordination, Änderungssteuerung, Vorleistungsmanagement und Ablaufsteuerung. Defizite in nur einem dieser Bereiche reichen aus, um Kostenentwicklungen, Terminverschiebungen und wirtschaftliche Schieflagen auszulösen. In ihrer Kombination wirken diese Risiken als systemischer Verstärker für Projektstörungen.


Für Unternehmen ergeben sich daraus klare und zwingende strategische Konsequenzen.


  1. Claim-Prävention muss integraler Bestandteil der Projektentwicklung sein.

    Bereits in der frühen Phase sind Leistungen, Schnittstellen, Mitwirkungsleistungen und Verantwortlichkeiten eindeutig und widerspruchsfrei festzulegen. Unklare Leistungsbegrenzungen lassen sich in späteren Projektphasen nur noch mit erheblichem wirtschaftlichem Schaden korrigieren.


  2. Eine durchgängige und beweissichere Projektdokumentation ist zwingend erforderlich.

    Ohne lückenlose Bautagebücher, fristgerechte Behinderungsanzeigen, belastbare Nachtragsunterlagen und klare Protokollführung ist ein wirksames Claim-Management faktisch nicht möglich. Dokumentationsqualität entscheidet unmittelbar über die Durchsetzbarkeit wirtschaftlicher Ansprüche.


  3. Leistungsänderungen müssen verbindlich, strukturiert und wirtschaftlich bewertet gesteuert werden.

    Keine Leistungsänderung darf ohne technische Beschreibung, kaufmännische Bewertung und terminliche Einordnung umgesetzt werden. Informelle Anweisungen und ungeprüfte Änderungen gehören zu den häufigsten Ursachen für eskalierende Nachtragskonflikte.


  4. Die Bauablaufplanung ist als wirtschaftliches Kernsteuerungsinstrument zu verstehen.

    Stabile Taktungen, saubere Übergaben, klare Zuständigkeiten und eine realistische Ressourcenplanung sind produktivitätsbestimmend. Ablaufstörungen erzeugen nicht nur Terminverluste, sondern führen direkt zu erheblichen Mehrkosten.


  5. Der gezielte Kompetenzaufbau im Claim-Management ist eine Führungsaufgabe.

    Projektleitungen benötigen juristische, kaufmännische und organisatorische Zusatzkompetenzen, um Vertragsmechanismen, Nachtragsbewertungen und Bauzeitansprüche sicher beherrschen zu können. Claim-Management ist keine rein operative Disziplin, sondern eine wirtschaftliche Steuerungsfunktion.


Gerade für mittelständische Unternehmen liegt in der professionellen Beherrschung von Claim-Risiken ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Wer Claim-Risiken nicht nur reaktiv verwaltet, sondern strukturiert präventiv steuert, sichert nachhaltig Liquidität, Planungssicherheit und wirtschaftliche Stabilität. In einem zunehmend komplexen und risikobehafteten Marktumfeld wird genau diese Fähigkeit über langfristigen Erfolg oder wirtschaftliche Erosion entscheiden.



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