Transparenz schaffen mit der Earned-Value-Analyse (EVA) – Wie Sie Baukosten systematisch im Griff behalten
- Bernhard Metzger
- 10. Juli
- 5 Min. Lesezeit
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Warum Baukostencontrolling scheitert – und wie die Earned-Value-Analyse echte Klarheit schafft
In Zeiten steigender Baupreise, zunehmender Projektkomplexität und wachsendem wirtschaftlichem Druck wird Baukostencontrolling mehr denn je zur zentralen Steuerungsaufgabe. Insbesondere im Kontext eines funktionierenden Risikomanagements ist es unerlässlich, jederzeit einen belastbaren Überblick über Kostenentwicklung, Mittelverbrauch und Prognosewerte zu haben. Die Realität auf Baustellen – gerade bei kleineren oder mittleren Vorhaben – zeigt jedoch häufig ein anderes Bild: Zahlen aus unterschiedlichen Quellen stimmen nicht überein, der Überblick geht verloren, und Kostenabweichungen werden zu spät erkannt.
Eine Methode, die in diesem Kontext besonders wirkungsvoll ist, ist die Earned-Value-Analyse (EVA). Sie erweitert das klassische Controlling um eine zentrale Dimension: die Bewertung des tatsächlich erwirtschafteten Projektwerts – also dessen, was zum Stichtag geleistet wurde, im Verhältnis zu dem, was geplant war. Dadurch ermöglicht EVA nicht nur ein aussagekräftiges Reporting über Soll-, Ist- und Plankosten, sondern auch eine belastbare Hochrechnung auf den finalen Projektstand.
Der folgende Praxisfall zeigt anschaulich, wie EVA eingesetzt werden kann, um aus Zahlendunkelheit operative Klarheit und Kontrolle zu schaffen.

Bildquelle: BuiltSmart Hub - www.built-smart-hub.com
Inhaltsverzeichnis
Der Projektfall
Einsatz der Earned-Value-Analyse
Reaktion: Intelligentes Kostencontrolling
Fazit
1. Der Projektfall
Im Rahmen einer Baurevision wurde bei der Sanierung einer Kanaltrasse in einem norddeutschen Gewerbepark eine detaillierte Prüfung der bisher angefallenen Baukosten beauftragt. Die Maßnahme galt als überschaubares Projekt mit einem klar definierten Leistungsumfang – dennoch sollte im Zuge der Revision auch die Kostenentwicklung analysiertund die Datenlage auf ihre Plausibilität überprüft werden.
Schon bei der ersten Auswertung zeigte sich eine deutliche Diskrepanz in den Angaben der verschiedenen Projektbeteiligten. Mehrere interne Quellen nannten unterschiedliche Baukostenstände – mit teils erheblichen Abweichungen. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die gemeldeten Werte:
Tabelle 1: Übersicht der gemeldeten Baukostenstände
Quelle der Kostenermittlung | Gemeldete Baukosten (in Euro) |
Projektsteuerung | 1.910.000 |
Buchhaltung | 2.280.000 |
Fondsbuchhaltung | 1.730.000 |
Ursprünglich kalkulierte Baukosten | 1.970.000 |
Spanne der ermittelten Werte | 1.730.000 – 2.280.000 |
Diese Übersicht macht deutlich: Die gemeldeten Werte variierten um mehr als 550.000 Euro – eine signifikante Differenz, die ohne transparente Auswertungsmethodik nicht erklärbar war. Besonders kritisch war die Feststellung, dass der Bauherr bislang keine Kenntnis über diese Abweichungen hatte. Er ging weiterhin davon aus, dass sich das Projekt im Rahmen der ursprünglich kalkulierten 1,97 Mio. Euro bewegte.
Die Ausgangssituation verdeutlicht exemplarisch ein häufiges Problem in der Baupraxis: Auch bei kleineren oder mittleren Projekten fehlt es häufig an einem einheitlichen und dynamischen Kostenüberwachungssystem, das belastbare und nachvollziehbare Aussagen zum aktuellen Projektstand ermöglicht. Unterschiedliche Datenquellen, fehlende Synchronisation und einseitige Kostenbetrachtungen führen dazu, dass Kostensicherheit zur Illusion wird – mit potenziell gravierenden Konsequenzen für den Projektverlauf.
An diesem Punkt wurde entschieden, die Earned-Value-Analyse (EVA) als methodischen Rahmen einzusetzen, um auf Basis der verfügbaren Daten eine realistische Bewertung und Prognose der Baukosten zu erstellen.
2. Einsatz der Earned-Value-Analyse
Um rasch Klarheit über den tatsächlichen Kostenstand zu gewinnen, wurden sämtliche verfügbaren Daten kurzfristig in eine Earned-Value-Analyse (EVA) überführt. Die Methode basiert auf drei zentralen Kennzahlen:
Plankosten (PV – Planned Value): Was sollte bis heute laut Planung geleistet und bezahlt sein?
Istkosten (AC – Actual Cost): Was wurde tatsächlich bis heute aufgewendet?
Erwirtschafteter Wert (EV – Earned Value): Welcher Leistungswert wurde bis heute tatsächlich erreicht?
Durch die Anwendung dieser Methodik zeigte sich:
Die tatsächlichen Istkosten lagen bereits bei über 2,28 Mio. Euro.
Der erwirtschaftete Projektwert (EV) entsprach jedoch nur ca. 1,97 Mio. Euro.
Die Kostenabweichung (Cost Variance) betrug demnach rund 312.000 Euro.
Die Hochrechnung (Estimate at Completion) ergab einen finalen Projektkostenstand von 2,62 Mio. Euro – also eine erwartete Budgetüberschreitung von mehr als 650.000 Euro.
Der entscheidende Vorteil der EVA: Sie liefert nicht nur eine Statusanalyse, sondern auch eine belastbare Prognose für den weiteren Projektverlauf – unter Berücksichtigung des aktuellen Leistungsstands und der vergangenen Performance. Damit wird sie zu einem unverzichtbaren Frühwarninstrument, das weit über das klassische Soll-Ist-Vergleichsdenken hinausgeht.
3. Reaktion: Intelligentes Kostencontrolling
Auf Basis der EVA-Ergebnisse wurde für das laufende Projekt kurzfristig ein maßgeschneidertes Controlling-Toolimplementiert. Dieses beinhaltete unter anderem:
eine laufende Überwachung aller Kostenentwicklungen,
die Verknüpfung von Leistungsfortschritt und Kostenverbrauch,
ein integriertes Frühwarnsystem mit Schwellenwerten und Visualisierung,
sowie automatisierte Hochrechnungen auf den Endkostenstand in Echtzeit.
Durch diese Maßnahmen konnte ein Zustand hergestellt werden, der in vielen Projekten fehlt: Transparenz, Prognosesicherheit und Handlungsfähigkeit.
Besonders hilfreich erwies sich dabei die Möglichkeit, Kostenabweichungen frühzeitig zu identifizieren, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und gegenüber dem Bauherrn faktenbasiert zu berichten. Das Vertrauen in die Projektsteuerung konnte so wiederhergestellt und ein drohendes Budgetdesaster vermieden werden.
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4. Fazit
Der beschriebene Projektfall ist kein Einzelfall. Vielmehr verdeutlicht er exemplarisch, wie
schnell Baukosten aus dem Ruder laufen können, wenn kein systematisches, vorausschauendes Kostencontrolling installiert ist. Die klassische Kontrolle über Ist- und Soll-Kosten reicht in komplexen Projekten oft nicht aus – insbesondere dann nicht, wenn die Leistungsfortschritte nur unzureichend abgebildet werden.
Die Earned-Value-Analyse bietet in diesem Zusammenhang ein leistungsfähiges, erweiterbares und praxistaugliches Instrumentarium, um Bauprojekte finanziell zu steuern, Risiken frühzeitig zu erkennen und gegenüber dem Bauherrn sachlich fundiert zu berichten.
Wer EVA gezielt einsetzt, schafft einen echten Mehrwert für das Projektmanagement – durch Transparenz, Effizienz und Steuerungssicherheit. Nicht nur bei Großprojekten, sondern gerade auch bei vermeintlich kleinen Maßnahmen.
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