Agiles Projektmanagement im Bauwesen - Der umfassende Vergleich von Scrum und Kanban
Die Anforderungen an das moderne Projektmanagement im Bauwesen sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Zeitdruck, steigende Komplexität und das Bedürfnis, Projekte effizient und nachhaltig zu realisieren, führen dazu, dass agile Methoden immer mehr an Bedeutung gewinnen. Zwei dieser Methoden, Scrum und Kanban, sind besonders verbreitet, wenn es darum geht, Arbeitsprozesse flexibler und anpassungsfähiger zu gestalten. Doch obwohl beide Methoden auf den Prinzipien der Agilität basieren, unterscheiden sie sich in ihrer praktischen Anwendung erheblich. In diesem Beitrag werden die wesentlichen Unterschiede zwischen Scrum und Kanban im Detail beleuchtet. Ziel ist es, Ihnen ein tiefes Verständnis dafür zu vermitteln, welche Methode für Ihre spezifischen Projekte im Bauwesen am effektivsten ist.

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Inhaltsverzeichnis
Unterschiede zwischen Scrum und Kanban
1.1 Struktur und Zeitrahmen
1.2 Rollen und Verantwortlichkeiten
1.3 Arbeitsverwaltung
1.4 Anpassung und Änderungen
1.5 Produktivität und Leistungsmessung
In welchen Situationen ist Kanban sinnvoller als Scrum?
In welchen Situationen ist Scrum weniger effektiv?
Fazit
1. Unterschiede zwischen Scrum und Kanban
1.1 Struktur und Zeitrahmen
Scrum und Kanban unterscheiden sich signifikant in ihrer Grundstruktur. Scrum basiert auf einem festen Rahmen von Sprints, bei dem jedes Sprint-Intervall meist zwei bis vier Wochen dauert. Innerhalb dieser festgelegten Zeitspanne muss das Team eine fest definierte Menge an Arbeit erledigen. Diese Sprints fördern fokussiertes Arbeiten und die Möglichkeit, am Ende eines jeden Sprints durch das Sprint Review die Fortschritte zu bewerten. Dadurch wird das Team gezwungen, klare Prioritäten zu setzen und den Arbeitsprozess eng zu kontrollieren.
Kanban hingegen verzichtet auf feste Zeiträume und arbeitet mit einem kontinuierlichen Arbeitsfluss. Aufgaben werden kontinuierlich aufgenommen und bearbeitet, sobald Ressourcen verfügbar sind. Dies bietet die Möglichkeit, dynamisch auf neue Anforderungen oder Veränderungen zu reagieren. Diese Methode eignet sich insbesondere in Umgebungen, in denen die Aufgaben oft unvorhersehbar sind, wie beispielsweise im Bereich der Wartung und Instandhaltung.
Ein wichtiger Punkt in der Praxis ist, dass Scrum mit seiner Sprint-Struktur eine eher zeitlich begrenzte Herangehensweise unterstützt. Teams können Fortschritte innerhalb eines klaren Rahmens evaluieren und nach jedem Sprint Feedback sammeln. In Kanban gibt es keine festgelegten Zeitpunkte für solche Überprüfungen, sodass Teams je nach Bedarf Anpassungen vornehmen können.

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1.2 Rollen und Verantwortlichkeiten
Scrum zeichnet sich durch klar definierte Rollen aus, die in der Praxis für eine stringente und geregelte Arbeitsweise sorgen. Der Scrum Master fungiert als eine Art Coach, der sicherstellt, dass das Team den Scrum-Prozess einhält. Der Product Owner ist verantwortlich für die Definition und Priorisierung der Anforderungen im Product Backlog. Das Entwicklungsteam übernimmt die Ausführung der Aufgaben. Diese Rollenstruktur bietet klare Verantwortlichkeiten, was besonders bei großen und komplexen Projekten von Vorteil ist.
Kanban hingegen hat keine festgelegten Rollen. Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten werden im Team geteilt, was eine größere Flexibilität und Zusammenarbeit fördert. Diese fehlende Hierarchie kann in Umgebungen, die schnelle Entscheidungen und Anpassungen erfordern, besonders vorteilhaft sein. In der Praxis erleben viele Teams diese Flexibilität als befreiend, da sie ohne starre Vorgaben arbeiten und Aufgaben je nach Fähigkeiten und Verfügbarkeit der Teammitglieder verteilen können.
1.3 Arbeitsverwaltung
Die Art und Weise, wie Arbeit organisiert und verwaltet wird, unterscheidet sich bei Scrum und Kanban erheblich. Scrum verwendet ein Backlog-System: Das Product Backlog enthält alle Anforderungen und Features, die für das Projekt erforderlich sind, während das Sprint Backlog die spezifischen Aufgaben für den aktuellen Sprint umfasst. Diese zweistufige Verwaltung erlaubt eine detaillierte Planung und klare Priorisierung der Aufgaben.
Kanban setzt dagegen auf ein visuelles Board, um den Status und den Fortschritt der Aufgaben darzustellen. Jede Aufgabe durchläuft verschiedene Phasen, die typischerweise in „Zu erledigen“, „In Bearbeitung“ und „Erledigt“ unterteilt sind. Diese Visualisierung ermöglicht es dem Team, den Fortschritt in Echtzeit zu überwachen, Engpässe schnell zu identifizieren und die Aufgaben kontinuierlich anzupassen. Besonders in Projekten, bei denen viele kleine, fortlaufende Aufgaben anfallen, ist dieses System äußerst effizient.
1.4 Anpassung und Änderungen
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Scrum und Kanban ist die Art und Weise, wie beide Methoden auf Veränderungen reagieren. In Scrum erfolgt die Anpassung strukturiert und in regelmäßigen Abständen. Nach jedem Sprint findet eine Sprint Retrospektive statt, in der das Team den zurückliegenden Sprint analysiert und Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert. Diese formalisierte Methode zur Anpassung stellt sicher, dass das Team kontinuierlich aus Fehlern lernt und sich verbessert.
Kanban hingegen ermöglicht es Teams, Änderungen jederzeit vorzunehmen. Da es keine festen Sprints oder Reviews gibt, kann das Team flexibel auf neue Anforderungen reagieren. Diese hohe Anpassungsfähigkeit macht Kanban besonders in Umgebungen attraktiv, in denen sich die Prioritäten oft ändern. Teams, die in einem dynamischen Umfeld arbeiten, profitieren von der Flexibilität und Schnelligkeit, die Kanban bietet.
1.5 Produktivität und Leistungsmessung
In Scrum wird die Produktivität des Teams oft durch Burndown Charts gemessen, die den verbleibenden Arbeitsaufwand im Verhältnis zur verbleibenden Sprint-Zeit darstellen. Diese Charts geben Aufschluss darüber, wie gut das Team im Sprint vorankommt und ob das Ziel des Sprints erreicht wird. Die Sprints bieten eine klare Struktur, die es Teams ermöglicht, ihre Effizienz zu überprüfen und in der Sprint Retrospektive Verbesserungen zu erarbeiten.
In Kanban wird die Produktivität anders gemessen, hauptsächlich durch Cycle Time und Lead Time. Cycle Time bezieht sich auf die Zeit, die benötigt wird, um eine Aufgabe von Beginn bis zum Abschluss zu bearbeiten, während Lead Time die Zeit von der Aufgabenanforderung bis zur Lieferung misst. Diese Metriken erlauben es dem Team, Engpässe zu identifizieren und den Arbeitsfluss kontinuierlich zu verbessern. Kanban zielt darauf ab, den Arbeitsprozess so effizient wie möglich zu gestalten, indem es sich auf den kontinuierlichen Fluss der Aufgaben konzentriert.
2. In welchen Situationen ist Kanban sinnvoller als Scrum?
Kanban ist besonders in dynamischen, flexiblen Umgebungen effektiv, wo es darauf ankommt, kontinuierliche Arbeitsprozesse zu optimieren und schnelle Anpassungen vorzunehmen. Hier einige Szenarien, in denen Kanban sinnvoller als Scrum ist:
Kontinuierliche Aufgabenflüsse: Kanban ist ideal für Projekte oder Teams, die einen konstanten Fluss an Aufgaben bewältigen müssen, ohne feste Zeitrahmen. In Bereichen wie Wartung, Support oder der Produktion, in denen Aufgaben kontinuierlich eingehen und bearbeitet werden, ist Kanban besonders effektiv, da es auf eine flexible Steuerung des Arbeitsflusses abzielt.
Sich schnell ändernde Prioritäten: In dynamischen Umgebungen, in denen sich Anforderungen häufig ändern, bietet Kanban eine flexible Alternative zu Scrum. Da es keine festen Sprints gibt, kann das Team jederzeit neue Aufgaben in den Arbeitsprozess aufnehmen, ohne warten zu müssen, bis ein Sprint abgeschlossen ist. Dies ist besonders nützlich in Bereichen wie IT-Support, Marketing oder kontinuierlicher Prozessoptimierung, wo Prioritäten oft wechseln.
Fokus auf Prozessoptimierung: Kanban hilft, Engpässe und Ineffizienzen im Arbeitsfluss schnell zu erkennen und zu beseitigen. Da der Arbeitsfortschritt visuell dargestellt wird, können Teams sofort sehen, wo der Prozess stockt und Maßnahmen zur Verbesserung ergreifen. Dies macht Kanban besonders in Produktions- oder Entwicklungsprozessen nützlich, bei denen der kontinuierliche Fluss und die Optimierung von Arbeitsprozessen entscheidend sind.
Flexible Teamgröße und -struktur: Im Gegensatz zu Scrum, das feste Rollen wie den Scrum Master und Product Owner erfordert, ist Kanban für Teams ohne festgelegte Hierarchien und Rollen ideal. Diese Flexibilität ermöglicht es, Aufgaben je nach Verfügbarkeit der Teammitglieder zu verteilen, ohne an ein spezifisches Rollenmodell gebunden zu sein. Dies ist besonders nützlich in kleineren Teams oder in Projekten, bei denen Aufgaben auf wechselnde Verantwortliche verteilt werden müssen.
Weniger formalisierte Prozesse: Kanban ist weniger formalisiert als Scrum und erfordert keine regelmäßigen, festen Meetings wie Sprints oder Retrospektiven. Diese Flexibilität macht Kanban besonders attraktiv für Teams, die keine Zeit oder Notwendigkeit für detaillierte Planungsmeetings haben und dennoch ihre Effizienz steigern möchten.
Projekte ohne klare Endziele: Wenn ein Projekt oder eine Aufgabe keinen klaren Endpunkt hat, wie bei kontinuierlichen Verbesserungsprozessen oder laufendem Kundenservice, ist Kanban oft sinnvoller als Scrum. Die offene Struktur von Kanban erlaubt es, den Arbeitsfluss zu steuern, ohne auf feste Abschlüsse oder Meilensteine angewiesen zu sein.
Insgesamt eignet sich Kanban besser für Projekte, bei denen Flexibilität, kontinuierliche Anpassungen und Prozessoptimierung im Vordergrund stehen, während Scrum eher auf planbare, strukturierte Arbeitsphasen ausgelegt ist.
3. In welchen Situationen ist Scrum effektiver?
Scrum ist besonders effektiv in Situationen, in denen Projekte klar definierte Ziele und eine hohe Komplexität aufweisen. Hier sind einige Szenarien, in denen Scrum seine Stärken entfaltet:
Komplexe Projekte mit klaren Anforderungen: Wenn ein Projekt viele bewegliche Teile und definierte Phasen hat, bietet Scrum durch seine Struktur und festgelegten Sprints eine klare Richtung. Teams können sich in jedem Sprint auf bestimmte Anforderungen konzentrieren und diese schrittweise umsetzen.
Feste Deadlines und Meilensteine: In Projekten, bei denen zeitliche Vorgaben und Deadlines eingehalten werden müssen, unterstützt Scrum durch die zeitlich begrenzten Sprints die Planung und liefert regelmäßig überprüfbare Fortschritte. Jeder Sprint endet mit einem Sprint Review, was sicherstellt, dass das Team den Fortschritt regelmäßig reflektiert und anpasst.
Kollaborative Teams: Scrum ist ideal für Teams, die eng zusammenarbeiten müssen. Die festen Rollen (Scrum Master, Product Owner, Entwicklungsteam) fördern klare Verantwortlichkeiten und effektive Kommunikation. Der tägliche Daily Scrum hilft, den Fortschritt zu synchronisieren und Hindernisse frühzeitig zu identifizieren.
Projekte mit sich entwickelnden Anforderungen: Scrum eignet sich auch gut für Projekte, bei denen Anforderungen während des Projektverlaufs angepasst oder erweitert werden. Durch die kurzen Sprints und regelmäßigen Überprüfungen kann das Team flexibel auf Änderungen reagieren, ohne das gesamte Projekt neu planen zu müssen.
Fokus auf kontinuierliche Verbesserung: Scrum fördert durch regelmäßige Sprint Retrospektiven eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung. Teams analysieren am Ende jedes Sprints, was gut funktioniert hat und wo Optimierungspotenzial besteht, was langfristig zu besseren Ergebnissen führt.
Scrum bietet somit eine starke Struktur für Projekte, die komplex, kollaborativ und zeitkritisch sind und von einer regelmäßigen Überprüfung und Anpassung der Arbeitsweise profitieren.
4. Fazit
Scrum und Kanban sind beides starke Werkzeuge im agilen Projektmanagement, die jedoch für unterschiedliche Anforderungen entwickelt wurden. Scrum bietet eine klar strukturierte Vorgehensweise mit festen Rollen und zeitlich begrenzten Sprints, die sich besonders für komplexe Projekte mit klaren Zielen eignen. Kanban hingegen überzeugt durch Flexibilität und die kontinuierliche Anpassung von Arbeitsabläufen, was es ideal für dynamische und sich schnell ändernde Umgebungen macht. Beide Methoden haben ihren Platz im Bauwesen, und die Wahl der richtigen Methode hängt von den spezifischen Anforderungen und der Projektumgebung ab. Entscheidend ist, die Methode zu wählen, die den Bedürfnissen des Teams und der Projekteffizienz am besten entspricht.
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